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Idiocracy, Corona und das Versagen der Linken | DOOMSCROLL’D

Quellenangaben

15:02

„In studies of intelligence, factor analysis has been applied to matrices of correlation among mental tests. Ten tests may, for example, be given to each of one hundred people. Each meaningful entry in the ten-by-ten correlation matrix is a correlation coefficient between scores on two tests taken by each of the one hundred persons. We have known since the early days of mental testing—and it should surprise no one—that most of these correlation coefficients are positive: that is, people who score highly on one kind of test tend, on average, to score highly on others as well. Most correlation matrices for mental tests contain a preponderance of positive entries. This basic observation served as the starting point for factor analysis. Charles Spearman virtually invented the technique in 1904 as a device for inferring causes from correlation matrices of mental tests.“ - Stephen Jay Gould, »The Mismeasure of Man« (S. 280)

Deutsche Übersetzung

„In Untersuchungen der Intelligenz wird die Faktorenanalyse auf Matrizen der Korrelation zwischen Tests geistiger Fähigkeiten angewandt. Es können zum Beispiel jeder von 100 Testpersonen 10 Tests vorgelegt werden. Jede aussagefähige Angabe in der zehn-mal-zehn Korrelationsmatrix ist ein Korrelationskoeffizient zwischen den Testwerten bei zwei Tests, die von jeder der 100 Personen gemacht wurde. Wir wissen seit den ersten Tagen des Testens – und auch das dürfte niemand überraschen – daß die meisten dieser Korrelationskoeffizienten positiv sind: d.h. Testpersonen, die bei einer Art Test hohe Werte erzielen, erzielen im Durchschnitt auch bei anderen hohe Werte. Die meisten Korrelationsmatrizen für Intelligenztests weisen überwiegend positive Einträge auf. Diese Grundbeobachtung wurde zum Ausgangspunkt für die Faktorenanalyse. Charles Spearman erfand 1904 die Technik praktisch als Mittel zum Schlußfolgern auf Ursachen aus Korrelationsmatrizen von Tests.“ - Stephen Jay Gould, »Der falsch vermessene Mensch« (S. 276)

16:27

“Factor analysis, despite its status as pure deductive mathematics, was invented in a social context, and for definite reasons. And, though its mathematical basis is unassailable, its persistent use as a device for learning about the physical structure of intellect has been mired in deep conceptual errors from the start. [Its principal error] is reification.“ - Stephen Jay Gould, »The Mismeasure of Man« (S. 268)

[…]

“This error of reification has plagued the technique since its inception. It was “present at the creation” since Spearman invented factor analysis to study the correlation matrix of mental tests and then reified his principal component as g - or innate, general intelligence.“ (S. 284)

Deutsche Übersetzung

“Die Faktorenanalyse wurde trotz ihres Status als rein deduktive Mathematik in einen gesellschaftlichen Kontext und aus ganz bestimmten Gründen erfunden. Und obwohl ihre mathematische Grundlage unanfechtbar ist, ist ihr hartnäckiger Einsatz als Mittel, etwas über den physischen Aufbau des Intellekts in Erfahrung zu bringen, von Anfang an mit schweren begrifflichen Fehlern belastet. Der grundlegende Fehler […] : Die Verdinglichung.“ - Stephen Jay Gould, »Der falsch vermessene Mensch« (S. 264)

[…]

“Dieser Fehler der Verdinglichung verfolgt das Verfahren seit seiner Entstehung. Er war schon »beim Schöpfungsakt« zugegen, da Spearman die Faktorenanalyse erfand, um die Korrelationsmatrix von Tests geistiger Fähigkeiten zu studieren, und so dann seine erste Hauptkomponente als g oder angeborene Allgemeinintelligenz verdinglichte.“ (S. 280)

26:37

“There is no possibility at present of convincing society that they should not be allowed to reproduce, although from a eugenic point of view they constitute a grave problem because of their unusually prolific breeding.“ - Lewis Terman in Stephen Jay Gould, »The Mismeasure of Man« (S. 221)

Deutsche Übersetzung

„Zur Zeit ist es nicht möglich, die Gesellschaft davon zu überzeugen, daß man ihnen die Fortpflanzung nicht gestatten darf, obwohl sie aus eugenischer Sicht infolge ihrer ungewöhnlichen Fruchtbarkeit ein ernstes Problem darstellen.“ - Lewis Terman in Stephen Jay Gould, »Der falsch vermessene Mensch« (S. 210)

27:06

“Plato had dreamed of a rational world ruled by philosopher-kings. Terman revived this dangerous vision but led his corps of mental testers in an act of usurpation. If all people could be tested, and then sorted into roles appropriate for their intelligence, then a just, and, above all, efficient society might be constructed for the first time in history.“ - Stephen Jay Gould, »The Mismeasure of Man« (S.210)

Deutsche Übersetzung

“Plato hatte von einer rationalen Welt geträumt, die von Philosophenkönigen regiert wird. Terman erweckte diese gefährliche Vision zu neuem Leben, war jedoch seinem Korps von Testern in einem Akt der Usurpation voraus. Wenn alle Menschen getestet und sodann in ihre intelligenzgemäßen Rollen sortiert werden konnten, dann ließ sich erstmals in der Geschichte eine gerechte und vor allem eine effiziente Gesellschaft aufbauen.“ - Stephen Jay Gould, »Der falsch vermessene Mensch« (S. 197-198)

28:57

“Resurgences of biological determinism correlate with episodes of political retrenchment, particularly with campaigns for reduced government spending on social programs, or at times of fear among ruling elites, when disadvantaged groups sow serious social unrest or even threaten to usurp power. What argument against social change could be more chillingly effective than the claim that established orders, with some groups on top and others at the bottom, exist as an accurate reflection of the innate and unchangeable intellectual capacities of people so ranked?“ - Stephen Jay Gould, »The Mismeasure of Man« (S. 60)

Deutsche Übersetzung

„Das Wiederaufleben des biologischen Determinismus korreliert mit Phasen politischer Sparmaßnahmen, insbesondere mit Maßnahmen zur Kürzung staatlicher Ausgaben für Sozialprogramme, oder mit Zeiten, in denen die herrschenden Eliten Angst haben, wenn benachteiligte Gruppen ernsthafte soziale Unruhen säen oder sogar drohen, die Macht an sich zu reißen. Welches Argument gegen sozialen Wandel könnte abschreckender sein als die Behauptung, dass etablierte Ordnungen, in denen einige Gruppen oben und andere unten stehen, ein genaues Abbild der angeborenen und unveränderlichen intellektuellen Fähigkeiten der Menschen in dieser Rangordnung sind?“ - (eigene Übersetzung)

30:03

Das Durchschnittsergebnis für IQ-Tests liegt konstant bei 100 — aber nicht, weil sich das so ergeben hat, sondern weil IQ-Tests eben so designt sind. Das ist erstmal nichts ungewöhnliches, so funktionieren standardisierte Tests. Das Ding ist aber: Damit "100" der Durchschnitt bleibt, mussten die Ersteller*innen der Tests diese über die Jahre immer schwerer machen. Schwerer, nicht leichter: Das deutet doch darauf hin, dass die Menschheit im Durchschnitt eher schlauer wird als "dümmer", oder?

Das ist der »Flynn-Effekt«, siehe etwa Wikipedia.

34:05

“We pass through this world but once. Few tragedies can be more extensive than the stunting of life, few injustices deeper than the denial of an opportunity to strive or even to hope, by a limit imposed from without, but falsely identified as lying within.“ - Stephen Jay Gould, »The Mismeasure of Man« (S. 28)

Deutsche Übersetzung

„Wir kommen nur einmal auf diese Welt. Nur wenige Tragödien sind größer, als wenn das Leben verpfuscht wird, wenig Ungerechtigkeiten tiefer, als wenn die Chance, aufzustreben oder auch nur zu hoffen, an einer Grenze zunichte wird, die von außen gesetzt ist, aber fälschlicherweise als im eigenen Inneren liegend wahrgenommen wird.“ - Stephen Jay Gould, »Der falsch vermessene Mensch« (S. 24)

34:05

“In den Massen verlieren die Dummen, Ungebildeten und Neidischen das Gefühl ihrer Nichtigkeit und Ohnmacht; an seine Stelle tritt das Bewusstsein einer rohen, zwar vergänglichen, aber ungeheuren Kraft.“ - Gustave Le Bon, »Psychologie der Massen«, zitiert nach NZZ: »Die vielen Gesichter der Dummheit«

46:30

“Etwas hat sich über all die Jahrhunderte nicht verändert: Auch im 21. Jahrhundert sind die Dummen in der Regel die anderen.“ - NZZ: »Die vielen Gesichter der Dummheit«

52:20

vgl. Rutger Bregman, »Im Grunde Gut: Eine neue Geschichte der Menschheit«

57:23

vgl. Pierre Bourdieu, »Die feinen Unterschiede«

01:01:05

siehe zum Beispiel Guardian: »Idiocracy: a disturbingly prophetic look at the future of America – and our era of stupidity«

01:05:25

Video Essay: Wall-E as Sociological Storytelling (Pop Culture Detective)

01:17:22

“Wir leben nicht in einer Idiocracy, wir leben in einer Oligarchie.“ - Salon: »Idiocracy's curdled politics: The beloved dystopian comedy is really a celebration of eugenics«